Das Ganze wird zum Fiasko: Udo selbst wird angegriffen:
>>Udo, der Held, ist müde geworden
Dankbares Publikum war dennoch begeistert
Udo Jürgens am Samstag abend im Konzert: Sein Publikum hat er
Das Publikum in der Stadthalle war von Udo Jürgens begeistert.
Es war gekommen, um begeistert zu sein. Denn die, die sich weder von einer Nacht mit der Senorita animieren lassen wollen noch dem zum Helden avancierten Schlagertroubadur die Sozialkritik abkaufen, kommen ja gar nicht.
Udo war erschöpft und total indisponiert. Das ist kein Vorwurf, wenn man Udos Energieaufwand der letzten Zeit einkalkuliert.
Anfangs zog sich das Programm entsetzlich dahin. "Ich bin wieder da" ist zu wenig, wenn man keine neuen Hits mitgebracht hat. Nach der Pause kam dann echte Stimmung auf, aber die wurde durch Udos altbewährte Schlager angeheizt, die originell und hübsch mit neuen Texten versehen worden waren. Höhepunkt gab es keinen.
Udo sang auch einige Nummern aus seinen "Helden". Hätte er doch nicht! Ich habe die Premiere im Theater an der Wien erlebt, und ich war von der vorschußbelorbeerten Musik enttäuscht. Nun bestätigte Udo, daß sein Musical wirklich fernab der Genialität liegt.
Udo Jürgens ist Europas bestgemanagter Showstar, aber keineswegs Europas bester Showstar. Unsachliche Vorwürfe gegen Kritiker und Presse zeugten vom miesen Nervenzustand, seine kosmopolitischen Grundsatzerklärungen von Naivität, der Zusammenklang von Solo- und Chorstimmen von einer erbärmlichen Tontechnik.
Unser Publikum läßt sich eben auch von müde gewordenen Heldem begeistern.
(Herbert O. Glattauer)
P.S.: Gleich nach dem Konzert eilte Udo ins Theater an der Wien, um sich vom Samstag-Premierenpublikum der "Helden" ebenfalls feiern zu lassen.<<
Zum Ende hin stehen nicht nur Udos Musical und er selbst, sondern sein gesamtes Management im Kreuzfeuer der Kritik:
>>Mein bester Freund ist das Klavier
Sänger Jürgens auf Tournee: "Wieder Spielchen spielen"
Wahlzeit hat er gern, denn da lassen sich, sagt der bayrische Impresario Hans R. Beierlein, 43, "mit Udo wieder Spielchen spielen.
Udo Jürgens, Beierleins singender Dukatenesel, tingelt also wieder durch die Bundesrepublik, von Hamburg über Bonn bis Oldenburg, und schon herrsche, prahlt Beierlein, eine "große Drängelage":
Da sei "kaum ein Landesfürst, der nicht den Udo empfängt" und kaum ein Bundespolitiker von Rang, der nicht ins Konzert marschiere; jeder, sagt Beierlein, möchte mit Udo geknipst werden, um an des Sängers Einfluß auf un- und überreife Frauen teilzuhaben.
Jeder Handschlag eines Bundesbonzen soll natürlich auch Udos Verkäuflichkeit steigern. So freundliche Schläge kann der Künstler aus Kärnten gut gebrauchen; böse hat er jüngst genug bekommen.
Im Wiener "Theater an der Wien" war am vorletzten Wochenende Welturaufführung von Udos Shaw-Musical "Helden, Helden". Beierleins PR-Heißluftmaschine hatte ein Weltereignis avisiert, vergleichbar etwa einer Mars-Party mit Nobelpreis-Verleihung an Udo.
Wiens Bussi-Society und der Aktien-Adel aus dem Altreich saßen dann auch im Parkett. Österreichs Minister traten sich aufs Lackschuhwerk, und Herr Jonas, Protektor der Premiere und Präsident der Donaurepublik, schritt mit Nationalhymne in die Ehrenloge.
Um die Staatshaupt-Aktion abzurunden, lud Wiens Bürgermeister Slavik nachher tausend Menschen ins Rathaus zu kaltem Buffet und Stehgeiger- Musik, begrüßte den Bundeskanzler Kreisky, der noch nicht da war, und einen Exoten als "Bürgermeister von Indien".
Was zwischen Hymne und kaltem Braten lag, war jedoch kaum die Reden wert. Shaws alte (1894) seichte Balkan-Komödie, die nach Kolonialherren-Art waschfaule Bulgaren frotzelt, taperte als k. u. k. Trottelei vorüber und Udos Allerweltsmusik verflüchtigte sich rasch.
Der Regisseur und Hausherr Rolf Kutschera hatte freilich von Anbeginn eine Opa-Operette im Sinn. Fragt sich mithin, was Österreichs Obere bewog, als Staffage für einen alten Scherz zu defilieren? Es war die Macht der Wohltätigkeit.
Die "Helden"-Väter hatten nämlich vor der widrigen Pflicht gestanden, die tausend Premierenplätze an eine viel größere Anzahl Prominenter zu verteilen. Beierleins "rettende Idee: den Schwarzen Peter jemandem zuzuschieben, der davon was hat".
So fügte es sich, daß die Unicef, das Weltkinderhilfswerk, zu einer Benefiz-Premiere kam. Unicef zog dann die Staatsmänner herbei, und da man bei offiziellen Auftritten des Bundespräsidenten die Nationalhymne spielen kann, wurde das Ganze, sagt Beierlein versonnen, "sehr viel feierlicher".
Der Benefiz-Trick, freilich, wirkte nicht sedierend auf die Kritiker. Als Udo am nächsten Abend im Riesenbauch der Wiener Stadthalle seine Tournee begann und "Ich bin wieder da" schmetterte, war er ziemlich weg: Die ersten "Helden"-Verrisse hatten ihn völlig verstört.
Er griff daneben, schmiß Texte und beklagte sich in improvisierten Reden über die Pressebengels. Beierlein, der sich vom Doppelstart "Helden" / Tournee eine PR-Akkumulation versprach, litt sichtlich.
Die Symbiose zwischen Udo, dem Prinzen der deutschen Pop-Provinz, und Beierlein, dem Smartesten der "Haifischbranche" (Beierlein), scheint sowieso gestört. Udo beklagt das "überstarke Geltungsbedürfnis" seines Managers; Beierlein meint, Udo, 38, sei in dem Alter, "in dem man mehr auf den Kalender als auf Notenblätter schaut".
Udo ist, glaubt man seinen neuen Liedern, noch einsamer geworden. Er traut nur sich selbst, und sein "bester Freund ist das Klavier"; aber mit seinen Evergreens bringt er Fünfzehn- und Fünfzigjährige immer noch in fliegende Hitze.
Das kann der Traumtänzer dann schwer begreifen: "Daß das Publikum für mich ist und die Presse immer gegen mich." Beierlein tröstet sein Krisen-Baby: "Umgekehrt wär's schlimmer."
Der kleine Beierlein, mit dem langen Udo ein Gespann wie Don Quijote und Sancho Pansa, hat sich's gerichtet: ein Luxushaus am Schliersee, Mercedes 600 mit Chauffeur und "unter zwölf Viertel Wein gehe ich nicht nach Haus".
Er hat Geld in Musik-Copyrights angelegt: "Die größte Kapitalanlage." Für das alte Lied "Wir lagen vor Madagaskar" kassiert er beispielsweise pro anno bis 30 000 Mark. "Kapitalisten können besser mit Geld umgehen als Sozialisten" sagt er und wählt deshalb CSU.
Sein Udo, als Österreicher sowieso neutral, soll auf Tournee aber keine Partei favorisieren. Udos einziges Protest-Liedchen, "Lieb Vaterland", das einmal ein bißchen Wind machte, wertet Beierlein als "Song für eine Allparteienkoalition".
Werben wird Udo für Profitables -- für Burdas "Bunte", die ihn ihrerseits zwecks Auflagen-Steigerung feiert; und für die japanische Elektronik-Firma Yamaha: Um auf den D-Markt zu kommen, hat sie für die Tournee eine komplette Verstärker-Anlage (Schätzwert: 100 000 Mark) "zur Prüfung" bereitgestellt.
Wie die Prüfung auch ausfällt: "Über eine Rückgabe", sagt Beierlein, "haben wir nicht gesprochen."<<
Fritz Rumler (Spiegel)
Wen wundert's also, daß immer weniger Zuschauer zu den Vorstellungen kamen: denn auch nach der Hamburger Premiere rissen die negativen Schlagzeilen nicht ab.
Man hat auf diese Art zwar nicht Udo selbst, dafür aber sein Musical unmöglich gemacht, so daß es aufgrund der fehlenden Besucher für die Veranstalter letztendlich nicht mehr tragbar war.
Und somit wurde ein Stück abgesetzt, welches sicher noch kein Meisterwerk war, aber sein Ziel, das Publikum einfach nur gut zu unterhalten, durchaus erfüllt hat.
Doch wenn man hundertmal gesagt bekommt, das Stück sei schlecht - obwohl man dies selbst vielleicht ganz anders sieht - glaubt man es schließlich auch...
Ich hatte früher schon einmal geschrieben, daß ich einige Kompositionen wie das Titellied, "Daheim", "Wie nennt man das Gefühl" oder auch "Das Bett" für ausgesprochen stark halte - andere plätschern freilich ein wenig vor sich hin.
Ein anderer Vorwurf: Altmodisch. - Ja, sicherlich! Aber erstens ließen die Auflagen der Shaw-Erben gar nichts anderes zu, und zweitens muß doch nicht alles, was altmodisch ist, zwangsläufig schlecht sein?!
Aber wer weiß, vielleicht erleben Udos "Helden" tatsächlich noch einmal eine Auferstehung - gewisse Andeutungen wurden ja bereits schon einmal gemacht.
Wünschen würden es sich sicherlich viele - nicht nur das Franz Schubert Konservatorium...
MfG,
Thomas2