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31

Freitag, 25. März 2011, 10:56

Re: Der ganz normale Wahnsinn - Meinungen, Kritiken

Ihr Lieben,
weder lese noch höre ich etwas von einem "drum computer" auf diesem Album. Haben wir dieselbe Platte?

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32

Freitag, 25. März 2011, 11:29

Re: Der ganz normale Wahnsinn - Meinungen, Kritiken

Servus zusammen,

achtung, es folgen zahlreiche Zitate - einfach schon für meine "Gliederung" zur Diskussion, damit ich nichts vergesse. :D

Zitat von »"Stephan"«

das liebe ich so hier: Dass ohne Zensur kontrovers diskutiert wird - und nicht sofort irgendwelche Spießbürger beleidigt sind und NUR ihre Meinung gelten lassen, wie das an anderer Stelle der Fall ist.

Genau mein reden - wie einige Beiträge in diesem Thema zuvor. Drum verstand ich auch nicht wieso hier geäußert wurde, dass Kritik hier nicht gewünscht zu sein scheint. :)

Zitat von »"Stephan"«

Marc, ich gebe Dir Recht - Udos "tolle" Phase endete nicht 1987 - obwohl Du damit genau den Zeitraum beschreibst, den auch ich als Udos beste Phase bezeichne, was auch meinem Alter geschuldet sein mag: Die Alben von "Udo 80" bis einschließlich "Deinetwegen" haben bei mir allesamt vom ersten Hören an zu extremer Begeisterung geführt. Dies Gefühl habe ich danach bei einem ALBUM nie wieder gehabt (sehr wohl bei einzelnen Liedern wie "Alles, was gut tut").

Ich geh hier mit Marc sowie Stephan vollkommen dakor: Udo's "tolle Phase" endete - zumindest für mich - ganz sicher nicht 1987. Das mag an den verschiedenen Generationen liegen die hier, sowie in Udo's generellen Fan-Gemeinschaft, zu finden sind.
Ich bin 1985 geboren, war 1989, kurz vor meinem vierten Geburtstag, das erste mal auf einem Konzert von Udo weil ich da unbedingt hin wollte - gehört hatte ich bis dato die Musik natürlich immer nur durch den Einfluss meiner Mutter. Mein erstes Lied im Kindergarten - wo alle anderen "Hänsel und Gretel" oder ähnliches sangen - war "Siebzehn Jahr blondes Haar", usw., usw... Ich habe mich also mit Udo's Musik erst ab ende der 80er/anfang der 90er so richtig auseinander setzen können oder es zumindest versucht.
Vielleicht resultiert auch gerade daraus, dass ich die Alben der 90er sowie "Ohne Maske" zu meinen absoluten Favoriten zähle. Erst Ende der 90er habe ich mich bewusst auch mit älteren Stücken von Udo beschäftig - die mir durchaus sehr zusagen und mich gleichermaßen ansprechen, nur mit den Alben der 90er bin ich halt "groß" und richtiger Fan geworden.

Zitat von »"Stephan"«

Für mich ist der "Wahnsinn" so gesehen schon eine ungewöhnliche Produktion, da ich erstmals im "Erwachsenen-Alter" von einer neuen Produktion restlos begeistert bin wie in meiner Jugendzeit. Wie Marc treffend schreibt: Wenn der grottenschlechte Casio-Drumcomputer durch ein von Peter Lübke gespieltes Natur-Schlagzeug ersetzt worden wäre, würde ich die CD sogar als "historisch" bezeichnen:-))

Es geht mir ähnlich, das der "Wahnsinn" auch für mich das seit langem beste Album von Udo ist - wobei ich natürlich auch Einzelsongs zwischen 2000 und 2010 durchaus sehr favorisiere.
NUR das mit dem "Casio-Drumcomputer" kann ich hier absolut nicht stehen lassen! Wo bitte hört man den?! Was ein "Drumcomputer" ist, kann man leider allzugut auf "Es lebe das Laster" hören, doch nicht auf der aktuellen Produktion. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man einen Drumcomputer spielen lässt und den sehr in den Vordergrund setzt oder, wie bei der aktuellen Produktion, einen echten Musiker das Schlagzeug spielen lässt und es anders abmischt. Ich für meinen Teil empfinde es als sehr angenehm, dass das Schlagzeug halt nicht immer so extrem präsent ist. Natürlich gibt es ein paar Stellen, wo man das Schlagzeug mehr in den Vordergrund hätte rücken können, aber auch das ist Anssichtssache und durchaus unterschiedlich in der Wahrnehmung. Aber einen "Drumcomputer" kann ich hier absolut nicht hören!

Zitat von »"Marc Rübenstahl"«

Wir können uns alle drehen und wenden. Jeder soll seine Meinung haben und sie auch publizieren. Jeder wird wieder seine Lieblingslieder haben und jene, die er nicht mag.
Die anderen erleben das Gegenteil.

Genau das finde ich extrem faszinierend an diesem Album:
Die Meinungen zu den einzelnen Titeln gehen teilweise extrem auseinander. Wir alle werden nicht den selben absoluten Lieblingstitel haben - und bei der Fülle an musikalischen Stilrichtungen auf diesem Album wird das auch fast nicht möglich sein. Meine persönlichen Lieblinge sind "Liebe lebt", "Wenn ein Lied so wär' wie du", "Alles ist so easy", "Oktoberwind", "Schenk' mir einen Traum", "Gute Reise durch das Leben" und "Am Ufer". Warum das meine Lieblinge sind lässt sich schwer erklären, doch bei uns allen werden die Lieblinge vielleicht auch mit der persönlichen Vorgeschichte und nicht zuletzt mit dem eigenen Geschmack zu tun haben - und das ist auch gut so.
Wir alle sind Udo's Musik oder dem Künstler zugeneigt, doch heißt das nicht, dass wir alle gleichermaßen die Titel gut finden oder gleich empfinden. Udo's musikalische Spannbreite ist halt einmalig groß und vielfälltig...

Ich für meinen Teil kann an dieser Stelle auch nur Udo danken für die vielen, vielen Jahre, die er mir und uns mit seiner Musik Kraft, Mut und Lächeln geschenkt hat. Und ich hoffe, dass er noch lange Musik machen kann und wird - denn "Liebe lebt" in seinen Liedern für mich/uns sowie für ihn. :)


Mit besten Grüßen
Patrick

33

Freitag, 25. März 2011, 12:29

Re: Der ganz normale Wahnsinn - Meinungen, Kritiken

An Patrick,

Thema Kritik. Diese Bemerkungen bezogen sich NICHT auf diese Seite hier. Ich bin sehr glücklich, daß es sie gibt!

Es ging/geht um andere Plätze...

Gruß Claus

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34

Freitag, 25. März 2011, 13:20

Re: Der ganz normale Wahnsinn - Meinungen, Kritiken

Zitat von »"claus stimpfig"«

Thema Kritik. Diese Bemerkungen bezogen sich NICHT auf diese Seite hier. Ich bin sehr glücklich, daß es sie gibt!

Es ging/geht um andere Plätze...

Hi Claus,

das ist schön, dann ist das bei mir - und vielleicht auch bei anderen - falsch angekommen. Auch ich bin sehr glücklich, dass es diese Seite gibt. :)


Lieben Gruß,
Patrick

35

Freitag, 25. März 2011, 14:32

Re: Der ganz normale Wahnsinn - Meinungen, Kritiken

Hallo, ganz kurz vorab zur Info: das mit dem Drumcomputer nehme ich zurück. Es hört sich für mich so an- aber vielleicht hab ich's auch an den Ohren. Marc trifft es wohl besser: es wäre schön gewesen, wenn das Schlagzeug nicht so in den Hintergrund gemischt worden wäre. Aber nochmal: sorry, die Sache mit dem Drumcomputer war ein Irrtum meinerseits.

36

Freitag, 25. März 2011, 15:18

Re: Der ganz normale Wahnsinn - Meinungen, Kritiken

Kein Problem!
Die Gefahr ebstand ja durchaus, und im Booklet steht auch etwas von "Programming". Damit wissen die Experten sicher mehr anzufangen.
Aber vorgestern und gestern habe ich die ganze CD noch einmal sorgfältig "ab"gehört, und die Schießbude (Drumset) klingt gar nicht nach Programmierung.
Zu Abmischungs- und Arrangementfragen darf man allerdings sehr wohl geteilter Meinung sein. Das ist ja das schöne daran - sonst wären wir alle Andrea Berg-Fans.

37

Freitag, 25. März 2011, 16:28

Re: Der ganz normale Wahnsinn - Meinungen, Kritiken

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, doch hoffe ich, dass bei den meisten Fans das Lied "Alles ist so easy" durchfällt. Denn ich finde es überragend und würde es eigentlich für "mich" beanspruchen. :D :D :D Ansonsten ist dieses Album lebendiger und runder als einige andere Alben. Das Udo sich bei einigen Stücken auszugsweise an frühere Lieder "bedient" hat, zeigt, dass er erstens schon unendlich viele Lieder geschrieben hat und zweitens, die FRÜHEREN ihm anscheinend gut gefallen haben. Als Gesamtwerk kann sich der "Wahnsinn" aus meiner Sicht wirklich sehen lassen, auch wenn kein bleibener "Kracher" vorhanden ist. Aber das hat auch niemand erwartet.

P.S. Da die liebe Andrea Berg erwähnt wurde empfehle ich jedem Udo-Fan mal ein Konzert von ihr anzuschauen. Spätetens dann weiß man welch grandioser Entertainer Mister Musik ist. Möge er noch einige Studioalben produzieren, auch wenn es etliche "Subkulturer" gibt, die sich auch noch erdreisten ihn zu hören und sich eine eigene Meinung bilden und zu dieser auch noch stehen. 8) Sachen gibts... 8)

38

Freitag, 25. März 2011, 17:06

Re: Der ganz normale Wahnsinn - Meinungen, Kritiken

Zitat von »"Felixo"«



P.S. Da die liebe Andrea Berg erwähnt wurde empfehle ich jedem Udo-Fan mal ein Konzert von ihr anzuschauen. Spätetens dann weiß man welch grandioser Entertainer Mister Musik ist.


Sorry, wenn ich jetzt etwas vom Thema abweiche - werde heute Abend noch mal ausführlich meine CD-Eindrücke schildern: Aber ich möchte (noch mal) einen anderen Namen fallen lassen: Helene Fischer. Im Gegensatz zu Andrea Berg ist diese Ausnahmekünstlerin empfehlenswert - zumindest an Tagen, an denen Udo mal nicht auf Tournee ist:-))... - sie hat eine sensationelle Bühnenpräsenz, eine sehr große Bandbreite und arbeitet inzwischen sogar mit Orchester zusammen - und in letzter Zeit scheint sie darauf zu bestehen, im TV "live" singen zu dürfen (selbst bei Carmen Nebel, Verstehen Sie Spaß und in der "Krone der Volksmusik")... - dies nur als Hinweis, dass es vereinzelt auch im sogenannten "Schlagerbereich" Bühnen-Profis gibt (, wobei wir uns vermutlich einig sind, dass weder Udo Jürgens noch Helene Fischer in dieses Genre gehören)....

Viele Grüße

Stephan

39

Freitag, 25. März 2011, 21:34

Re: Der ganz normale Wahnsinn - Meinungen, Kritiken

Kurz noch mal an Achim - stimmt, das mit dem "Programming" ist schon erstaunlich, wenn doch gar nicht mit Computer gearbeitet wurde - sei's drum: Ich bleibe dabei: Der Schlagzeug-Sound auf der CD hört sich für mich wie mein altes "Roland G 800" an - ob das nun ein Kompliment für diesen "Workstation"-Fabrikanten ist, oder eher Kritik an der Produktion Peter Wagners, kann nun jeder selber entscheiden:-))

Da ich aber wohl tatsächlich falsch lag mit der Einschätzung, es handele sich um einen Drum-Computer-Sound, gebe ich hier mal meine ausführliche Einschätzung der CD ab - sollten Euch weitere Fehler auffallen, wäre ich für einen Hinweis diesbezüglich dankbar.

"Der ganz normale Wahnsinn"

Selten waren sich die Fans bei einer neuen Produktion so einig wie bei diesem Album: Ein Meilenstein in Udo Jürgens' Karriere. Udo hat das beste Album seit vielen, vielen Jahren hingelegt - für mich ist es das mit ABSTAND beste Album des neuen Jahrhunderts. Auf der CD finden sich fast keine "Füll-Lieder", man hört unglaublich viele richtig starke Songs, die richtig Lust auf eine Live-Umsetzung machen - ich freue mich schon sehr auf die 2012er-Tournee.

Die Lieder sind durchweg abwechslungsreiche Kompositionen in gefälligen, teilweise sehr starken Arrangements. Einziger "Wermutstropfen" ist die Abmischung des Schlagzeugs. Mir wurde glaubhaft zugetragen, dass das Schlagzeug "live" eingespielt worden ist - nach meiner subjektiven(!) Wahrnehmung hört sich der Sound an, als hätten wir es mit einem Drum-Computer zu tun. Gerade der Name Peter Lübke bürgt für Schlagzeug-Qualität; insofern ist es mir unerklärlich, warum das Schlagzeug "irgendwie nach Roland Kaiser" klingt - aber das ist wie gesagt meine ganz subjektive Wahrnehmung; es gibt sicher Fans, die das anders sehen.

Ich fühle mich in meine Jugend zurückversetzt: Damals gab es Alben, bei denen mir vom ersten Hören an klar war, dass die Lieder mich ein Leben lang begleiten werden, weil sie so großartig sind - diese Alben der 80er Jahre stellen für mich den Höhepunkt von Udos Schaffen dar - und endlich hat Udo an diese Alben mal wieder angeknüpft.

Die letzten Alben ("Es lebe das Laster", "Jetzt oder nie" und insbesondere "Einfach ich") waren zwar "allgemein" immer noch auf hohem Niveau - aber für Udos Verhältnisse nicht mehr richtungsweisend. Anders verhält es sich mit diesem Album: Udo schafft einen musikalisch und inhaltlich großer Spannungsbogen, perfekte Arrangements - Fan-Herz, was willst Du mehr? :-) - zu den Liedern im Einzelnen:

Der ganz normale Wahnsinn

Der Song ist zurecht Titelsong der CD. Er hat mir schon bei der Solo-Tour ausgesprochen gut gefallen. Auch wenn die Schlagzeug-Abmischung und die Staccato-Rhythmus-Gitarren etwas stören, ist die Studio-Aufnahme doch besser gelungen als erwartet - die Bläser-Einwürfe in den Pausen der Strophe sind knackig. Den "Orgelpunkt" im Refrain auch von Streichern spielen zu lassen und überhaupt satt Streicher im Song einzusetzen, ist bei diesem nach vorne gehenden Stück ein für meine Begriffe genialer Einfall. Auch der Hintergrundchor ist genau richtig abgemischt. Das Salz in der Suppe ist ein geniales Streicher-Intermezzo, nach dessen Erklingen der hitverdächtige Titel noch mal richtig "aufdreht". Dass das Lied mit seinen ungewöhnlichen Tonartenwechseln musikalisch ein Knaller ist, habe ich schon im letzten Jahr festgestellt. Angesichts dessen, dass der Titel vor längerer Zeit geschrieben werde, hat er textlich eine erschreckende Aktualität. Daumen hoch! (Kleiner Hinweis: Schade, dass der Titel nicht auch als A-Seiten-Single veröffentlicht wurde - vielleicht hätte er sonst mehr Rundfunkeinsätze bekommen).

Liebe lebt
Bei diesem "Frauenlied" gefällt die großzügige Instrumentierung: Es sind fast schon sinfonische Klänge hörbar. Ich sehe schon vor dem geistigen Auge, wie Pepe der Querflöte liebliche Töne entlockt. Der Text reiht sich nahtlos in die Reihe der typischen Udo-Liebeslieder ein. Für mich ist der Song nicht der gaaaanz große Wurf - das kann aber auch schlicht daran liegen, dass ich das aus männlicher Perspektive sehe;-). Der Refrain erinnert mich übrigens in der Melodieführung etwas an den Udo-Klassiker "Flieg, Flamingo".

Wenn ein Lied so wär` wie Du
Für mich ist dieser Titel erneut ein echtes Highlight, ein jazziges Lied, bei dessen Produktion mich abermals die ewig gleich klingenden Gitarren stören, aber die Streicher genau so begeistern. Der Song fängt interessant mit einem Streicher-Intro im Stile eines Weihnachtsliedes ("White Christmas") an, um dann mit einem Groove der Marke des Udo-Klassikers "Keine war so wie Du" daherzukommen. Besonders gefallen mir die Soli im Stück (Saxophon, anschließend Bigband-Einwürfe). Auch die Text-Idee spricht mich sehr an - die Eigenschaften eines Liedes denen eines geliebten Menschen gegenüberzustellen- das ist eine gute Idee, die Udo musikalisch großartig umgesetzt hat. Wie so oft, verlässt Udo hier den üblichen Strophe-Refrain-Ablauf und schafft so in meinen Augen ein kleines musikalisches Meisterwerk. Besonders hat es mir der Schluss des Opus` angetan - nachdem das Lied auszuklingen scheint, dreht Udo zum Schluss noch mal richtig auf - großes Kino!

Dafür brauch ich Dich
Dies Lied sollte eigentlich noch auf die Weihnachts-CD gepresst werden;) ... - nein, auch hier handelt es sich um ein klassisches Liebeslied, das mich textlich an "Darum steh ich zu Dir" und "Wie könnt ich von Dir gehen" erinnert. Die Idee, erst einen weiblichen Background-Chor erklingen zu lassen, um den Refrain "bedeutender" klingen zu lassen, hatte Udo schon bei "Immer wieder geht die Sonne auf" - auch hier geht die Rechnung dieser Idee auf. Wir haben es wieder mit einem schönen streicherlastigen Arrangement zu tun. Dass Udo den Song bei "Wetten, dass..." live interpretiert hat, finde ich zwar toll - dennoch finde ich schade, dass er sich für Gottschalk nicht ein anderes Stück ausgesucht hat - zum Beispiel:

Du bist durchschaut
Für mich ist hier erst mal der textliche Einfall genial: "Du bist durchschaut" - da habe ich orakelt, dass das im Sinne von "Du bist ertappt" gemeint sei. Dem ist aber nicht so - hier geht es um die Nachteile moderner Technik, wenn die "Welt eine Google" ist, in der das Zuhause abgefilmt wird und man schön seine "Leberwerte bei Facebook" veröffentlichen kann. In dem Lied setzt sich Udo kritisch mit dem Internet auseinander - neuerdings scheint er sich dort ja angesichts seines Gästebuch-Eintrags auf seiner Fanseite hin und wieder zu "tummeln" - das macht den Song noch glaubwürdiger. Wenn Udo sich jetzt noch darum kümmert, seine eigene Internet-Präsenz hinsichtlich des Umgangs mit Kritik professioneller zu gestalten, dann... - aber das ist ein anderes Thema. Musikalisch fällt mir der Groove a la "Jeder so wie er mag" auf - und die Tatsache, dass Udo zum Mitsingen einlädt: "laaa laaa laaa laaa.." - das legt den Verdacht nahe, dass es als letztes Lied vor der Konzertpause ausgewählt werden könnte. Gott sei Dank würde Udo selber niemals "googeln"- sonst würde er noch womöglich auf diese Rezension stoßen und sich womöglich über meine Sichtweise der Schlagzeug-Abmischung ärgern -aber auch das ist ein anderes Thema....

Die Frau, die ich nie traf
Es ist positiv gemeint, wenn ich erneut die Streicher hervorhebe, die auch in diesem Lied sehr deutlich zum Einsatz kommen. Dieser Song wird die Kritiker eines meiner Lieblingslieder von "Einfach ich", nämlich "Letzte Ausfahrt Richtung Liebe", versöhnlich stimmen: Inhaltlich geht es in eine ähnliche Richtung, die Umsetzung ist aber weit romantischer geworden als in diesem Opus. Udo interpretiert ein weiteres Liebeslied, bei dem die Sehnsucht im Vordergrund steht.

Alles ist so easy
Bei diesem Titel handelt es sich wieder um eins von Udos witzigen Liedern. Auch wenn die Qualität von "Merry Christmas allerseits" hier nicht ganz erreicht wird, gefällt mir Udos Einsatz für die deutsche Sprache (Reinhard Meys Song "M(e)y English Song" ist auch leicht verwandt damit). Außerdem bin ich als Sido- und Buschido-Fan (Vorsicht Ironie!) natürlich begeistert, dass nun auch endlich Udo rappt. - Erneut fällt mir der gefällige Hintergrundgesang auf. Der Text ist angesichts Udos neuer offizieller Internet-Präsenz ("News", "Community" etc. - es wimmelt dort von Anglizismen) wenig glaubwürdig - insofern finde ich es erstaunlich, dass er ausgerechnet hier als Co-Texter genannt wird. Dennoch ist angesichts der ungewöhnlichen Produktion auch dieser Song hitverdächtig, wie ich finde.

Oktoberwind
Wer beim letzten Album "Mit Dir" geliebt hat, wird den "Oktoberwind" vergöttern - ich wiederhole mich: Die Streicher-Arrangements dieser CD sind wirklich toll - eine so Streicher-lastige CD habe ich von Udo noch nie gehört. Ich zitiere noch mal Reinhard Mey: "Ein Stück Musik von Hand gemacht" - auch die poetischen Worte ("ein paar Hunde streunen noch vor die Laternen - letzte Sonnenstrahlen locken vor die Tür..") heben sich vom Schlagereinerlei deutlich ab. Obwohl es mal wieder ein typisches Frauen-Lied ist, gefällt mir dieser Song über Udo im "Herbst seines Lebens" ausgesprochen gut.

Schenk mir einen Traum
Dieser Song ist für mich neben "Wenn ein Lied so wär` wie Du" D-A-S Highlight der CD: Immer, wenn Udo dem "Swinger-Club" beitritt, kommen da bombastisch tolle Songs bei raus (aus meiner subjektiven Sicht) - "Ladies and Gentlemen", "Danke für den Abend", "Champagner regnet vom Himmel", "Schenk mir noch eine Stunde" - all diese Knaller gehören zu meinen absoluten Lieblingsliedern. Schenk mir einen Traum" reiht sich nahtlos ein: Der typische Swing-Rhythmus, die Bläser, dazu einmal mehr der Gedanke, dass es die Träumer sind, die die Welt verändern - Herz, was willst Du mehr.... - ich ertappe mich dabei, dass ich die Streicher zwar interessant und toll finde - aber der Bigband-Sound im Stile Pepe Lienhards mich noch ein Stück mehr begeistert.

An diesem Song kann man erfahren, wie wichtig der Arrangeur bei einer CD-Produktion ist: Der in einer Sonder-Auflage enthaltene "Berlin-Mix" macht aus dem Lied einen sehr guten Song - aber in der "New York"-Version ist das Lied für mich Nachhilfe an alle Roger Ciceros dieser Welt - allein das sensationelle Intro finde ich Weltklasse. Erneut begeistern hier die großartigen Big-Band- und anschließend Saxophon-Improvisationen. Es kommt selten vor, dass schon die Studio-Aufnahme so stark ist, dass man sich fragt, wie Udo das live noch "toppen" will.. - wie ich aber Udo und das Pepe-Lienhard-Orchester kenne, wird der Song auch "live" eine Sensation...

Lass ein wenig Liebe da
Endlich - die lang ersehnte deutsche Version von "Leave a little love"... - nein, Scherz beiseite: Das Lied verstehe ich als Mann vielleicht nicht - nach dem gerade gehörten Highlight kann es bei mir gar nicht punkten - momentan kann ich mit dem Lied noch nichts anfangen. Es hätte mit Verlaub aus meiner Sicht besser auf "Einfach ich" gepasst - hüstel... Immerhin: Das Orgel-Intro ist musikalisch durchaus interessant.

Gegen den Wind
"Sei so wie Du willst - nicht wie alle sind. Wenn Du abheben willst, gehst Du gegen den Wind"... - Hammer!!! Die textliche Aussage ist sooo toll - ich will nicht nachtreten -aber sorry - kann man das, was man in Texten propagiert, nicht auch mal leben? ("kleiner Insider") - Aber ich will nicht abschweifen: Auch dieser Song ist ein absolutes Highlight. Der Gedanke, dass man sich von seinen Überzeugungen und Vorlieben leiten lassen sollte und Herzblut statt Kalkül walten lassen sollte, ist aus meiner Sicht zwar in "Alles, was gut tut" für mich unschlagbar gut umgesetzt - aber "Gegen den Wind" kommt gaaaanz nah an dieses totale Highlight ran. Wieder Bläser, wieder geiler Hintergrundchor -schon wieder: Dieses leidenschaftliche Plädoyer für die Individualität des Einzelnen führt zu restloser Begeisterung meinerseits... Schon in den Sechzigern war Udo der "Sänger mit dem langen i" - schön, dass Udo diese Tradition hier wieder aufleben lässt. Meine Lieblings-Textzeile ist übrigens: "So wie Ikarus war, er hat alles gewagt - und dann kam er zu nahe ans Licht. Doch er war an der Sonne - und die Anderen nicht!"

Gute Reise durch das Leben
Dieses Lied hat für mich einen ganz persönlichen "Gänsehaut"-Faktor - meine Tochter ist knapp zwei Jahre alt - und das, was Udo seinem Enkel auf den Weg gibt, wünsche ich auch meiner Tochter. Ich bin mir sicher: Mein Vater würde seiner Enkelin ähnliche Wünsche auf den Weg geben, wenn er noch leben würde - allein deswegen liebe ich dieses Lied und nehme zum Udo-Konzert vorsorglich eine Packung Tempo-Taschentücher mit. Der Song kann sich fast mit einem meiner absoluten Lieblingsliedern messen - aber "Mein größter Wunsch" ist immer noch eine kleine Spur emotionaler (für mich persönlich). Musikalisch gefällt mir das zwar einfach gehaltene, aber gerade deshalb so schön melancholische Piano-Solo.

40

Freitag, 25. März 2011, 21:35

Re: Der ganz normale Wahnsinn - Meinungen, Kritiken

Teil 2 - der Text war zu lang - peinlich...:

Mein erster Weg

"Dass ich das noch erleben darf": Seit vielen Jahren nimmt Udo seine Klassiker in neuen Versionen auf. Sehr oft geht das gründlich daneben - zum Beispiel hat Udo seinen Hit "17 Jahr, blondes Haar" 1972 für die Ariola neu eingespielt, um das Lied auch für die Ariola zugänglich zu machen - die ursprüngliche Aufnahme wurde für die Plattenfirma "Vogue" aufgenommen - und diese Rechte hatte die Ariola scheinbar nicht (-wird zumindest behauptet). Udo Jürgens hat in Interviews immer wieder gesagt, dass ihm gerade diese 1972er-Aufnahme selber gar nicht gefällt (kein Wunder, dass seine Live-Versionen immer an die Original-Version aus 1965 angelehnt sind)- dennoch wird sie immer und immer wieder neu verkoppelt - zuletzt auf seiner "Best Of"-CD. Auch andere Neuaufnahmen von Hits (insbesondere "Paris - einfach so nur zum Spaß") dürfen aus meiner Sicht als wenig gelungen bezeichnet werden.

Um so erfreulicher ist diese Neuaufnahme eines in Zusammenarbeit mit Suzanne Doucet erschienenen Songs aus Udos erster LP für die Ariola - die Jazz-Elemente sind unüberhörbar (allein der Scat-Gesang im Intro ist der Hammer). Interessant sind z. B. die "gestopften" Trompeten und erneut die Streicher und der (Bar-)Piano-Sound. Besonders gefällt mir aber auch die Piccolo-Flöte (ich freue mich schon auf die Live-Version - vermutlich mit Pepe Lienhard). Ganz besonders begeistert mich das Instrumental-Solo (speziell der Saxophon-Teil). Wieder mal darf man sich nur wünschen, dass Udo weiterhin solche Perlen ausgräbt oder uns Fans zumindest mit der Wiederveröffentlichung von nie auf CD erschienen Liedern (in Original(!!!)-Version) wie "Ich glaube", "Spiel Zigan", "Musik war meine erste Liebe" oder ganz besonders "Peace Now" beglückt.. - Wenn ich "Mein erster Weg" höre, wüsste ich zu gerne, wie sich "Peace Now" (vielleicht im "Ägypten-" oder "Libyen-Mix"?) anhören würde?

Am Ufer
Die CD klingt mit einem sehr pathetischen Song aus, der natürlich noch mal sinfonisch klingen muss - mit hoher Wahrscheinlichkeit wird dieses Lied gegen Ende des Konzertes auf die Tränendrüsen drücken. Auch wenn das Lied sicher gefällt - "Ich lass Euch alles da", "Ein Narr sagt Dankeschön" oder "Der große Abschied" sind hier für mich nicht mehr zu toppen.

Fazit: Ich weiß nicht, wann ein Album mich vom ersten Eindruck her so "gepackt" hat - das muss schon lange her sein. Es ist wie eingangs beschrieben so etwas wie ein "Deja-vu" aus den 80ern: Da war meine Begeisterung für ein gesamtes Album letztmalig so groß - obwohl "Ich werde da sein" und teilweise "Es lebe das Laster" mir durchaus auch sehr gut gefallen haben.

Vor allem für Udo-Fans und gerade Udo-"Einsteiger", die dachten, der Zenit seines Schaffens sei (zumindest, was die CD-Produktionen angeht) überschritten - gilt: Hier hat Udo endlich mal wieder ein Meisterwerk hingelegt!