Kurz bevor Udo die Bühne betrat, hatte der zuvor mitunter schwere Regenfall aufgehört und ein großartiger Regenbogen hatte sich seitlich der Bühne über den Kurpark gespannt.
Dann, irgendwie wie aus dem Nichts, stand er plötzlich auf der Bühne - Udo in Person. Ganz in schwarzem Anzug gekleidet, schwarzes Hemd und rotes Einstecktuck. Wenn man nicht auf die große Videoleinwand sah, die in einen herrlich altmodisch anmutenden Bilderrahmen über Udos Klavier angebracht war, dann wirkte Udo aus der Entfernung der 20. Reihe beinahe jugendlich.
Er verbeugte sich höflich vor dem überwiegend in den buntesten Regensachen gekleideten Publikum, hielt wie vor Erstaunen gebannt die Hände einen Moment vor seine Lippen und setzte sich dann an den schwarzen Flügel von Schimmel.
"Wie lange ist es her, dass mein Klavier dein Herz begleitet hat, mit Melodien für ein Gefühl, das in dir schlief...?" Mit diesen Zeilen von "Wir zwei" begann das bunt gemischte Programm des Abends und setzte auch zugleich den Ton für überwiegend nachdenkliche Stücke, die mich in der langsam einbrechenden Nacht vom ersten Ton in ihren Bann schlugen.
Es war schon seltsam zu sehen, wie sehr Udo sich offensichtlich über dden gut gefüllten Kurpark freute - als wäre es wirklich eine Überraschung, dass alle 4200 Plätze belegt waren. "Ich habe in meinem Wohnwagen am Fenster gestanden und auf den Regen geschaut. Es hat ja wirklich geschüttet und ich habe mich gefragt, ob wirklich Leute kommen..." Das war schon ein wenig rührig ihn so zu hören.
Es tat Udo aber offensichtlich gut, dass alle gekommen waren und so passte dann auch "Alles was gut tut" prima an dieser Stelle in die Setliste.
Wir seien so ein guter Anblick, er wolle uns am liebsten alle fotografieren...sein Wunsch war einem Fan in der ersten Reihe wohl Befehl und so wurde ihm ein Fotoapparat überreicht. Mit der digitalen Technik war Udo dann aber zunächst doch ein wenig überfordert. Nach kurzer Einweisung in die Bedienung gab er dann aber sein bestes, ein tolles Foto vom Publikum hinzubekommen. "Das will ich dann aber bitte auch haben!"
"Hast du heute schon gelebt?", "Donnerstag", "Ist das nichts" oder "Gehet hin und vermehret Euch" waren einige der Highlights der ersten Programmhälfte. Auch ein brandneues Stück stellte Udo an diesem Abend vor. Er habe es erst vor drei Wochen geschrieben - könne es ja einfach nicht lassen. Ob man es denn vielleicht einmal hören wolle? Ja...wir wollten! So bekamen wir "Der ganz normale Wahnsinn" präsentiert. Ein wundervoll gesellschaftskritisches Lied. Und dabei verstolperte sich Udo gleich in der allerersten Textzeile. "Nein, noch mal von vorn...Der Text ist mir zu wichtig, als dass ich ihn durcheinander werfen wollte!"
Mit "Was wichtig ist" verabschiedete sich Udo dann in die Pause. Die war sicher nicht nur für den mittlerweile 75 jährigen Udo zur Erholung wirklich nötig, sondern auch für das vornehmlich jenseits der Mitte 50 liegende Publikum dringend erforderlich. Es gab zwar auch immer mal wieder vereinzelt jüngere Gesichter in den Reihen der Zuschauer, sogar ein Kind saß nur eine Reihe hinter mir, doch war der gute Teil des Publikums offensichtlich zusammen mit dem Star des Abends mit gealtert - das war eine der größeren Überraschungen für mich.
Es dauerte wohl ca. 20 Minuten ehe die zweite Programmhälfte endlich begann. Auch das laute und nervige Ehepaar hinter mir trudelte gerade noch rechtzeitig ein: "Musste mir doch noch 'ne Bratwurst reinziehen!" - Tolle Wurst...Mit so viel unerbetener Info musst du aber nicht auch während der Show alle um dich herum unterhalten!
"Ladies and Gentlemen" und "Ein Bote aus besseren Welten" läuteten diesen zweiten Teil würdig ein.
Francis Coletta, der Udo bereits in der ersten Programmhälfte auf Gitarre gelegentlich begleittet hatte war nun auch in diesem zweiten Teil wieder dabei. Zu ihm gesellte sich dann noch Billy Todzo, der Congas spielte und sang. Gemeinsam präsentierten die drei "Der Schrei des Löwen" (das gefiel meiner besseren Hälfte besonders gut - mir um ehrlich zu sein nicht ganz so sehr) und etwas später "Tausend Jahre sind ein Tag" (ganz großartig!).
Für mich einer der Höhepunkte an diesem Abend "Der gekaufte Drache", welches unter dem klaren Nachthimmel und bei der wunderschönen Bühnenbeleuchtung wirklich für Gänsehautstimmung sorgte - selbst nach all den langen Jahren in denen ich das Lied nun schon kenne.
Auch an diesem Soloabend in Grömitz durfte natürlich "Ich war noch niemals in New York" nicht fehlen, dass auch die vielen älteren Fans um mich herum - wie schwach auch immer sie sonst auf den Beinen waren - von den Stühlen riss. Besonders amüsant in diesem Zuammenhang die ad lib Variante "Mann wo bleibst du bloß? Der Musikantenstadl geht gleich los..."
Mit einem musikalischen Augenzwinkern verabschiedete sich Udo dann auch mit "Zum dritten Mal 25" von der Bühne.
Natürlich kehrte er noch einmal zurück - im Bademantel. Es war schon ein wenig seltsam anmutend...er hatte nicht einmal geschwitzt und hatte den Mantel ganz offensichtlich nur der Show wegen über seinen Anzug angelegt. Aber das Publikum erwartete diese Nummer einfach und sie bekamen sie. Für mich wäre die Show ohne Bademantel und das "Greatest Hits Medley" etwas schöner gewesen, aber die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Außerdem sind Udo und sein Stammpublikum da wohl zu eingefahren, um an diesen alten Gewohnheiten nun noch viel zu ändern.
Apropos Änderung: es gab auffällig viele unfreiwillige Änderungen in den Texten. Wiederholt zeigte sich Udo unsicher in den Liedtexten. Am auffälligsten in "Vielen Dank für die Blumen", wo er zweimal "Ich heiße Dieter..." sang, statt "Doch woll'n wir das ab nächstem Ersten mal probieren" - nicht schlimm, doch waren die vielen Textaussetzer in der Häufigkeit schon auffällig.
Der Schluss des Abends kam nach dem sehr kurzen Medley in jedem Falle sehr abrupt und irgendwie fast schon unerwartet nach viel zu kurzer Zeit.
Alles in allem dennoch ein wunderschöner Abend, den ich sicher nicht vergessen und noch lange in bester Erinnerung behalten werde.
Setlist (ohne Gewähr und nur aus dem Gedächtnis)
1. Programmhälfte:
- Wir Zwei -
- Hast du Heute schon gelebt?
- Alles, was gut tut
- Donnerstag / Der werfe den ersten Stein
- Weichei
- Ist das nichts?
- Gehet hin und vermehret euch
- Der ganz normale Wahnsinn
- Ein ehrenwertes Haus
- Was wichtig ist
Pause
2. Programmhälfte:
- Ladies and Gentlemen
- Ein Bote aus besseren Welten
- Vielen Dank für die Blumen
- Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient
- Der Schrei des Löwen (mit Billy Todzo, Percussion & Gesang und Francis Coletta, Gitarre & Gesang)
- Was ich dir sagen will/The Music Played/Un air sur mon piano
- Der gekaufte Drachen
- Tausend Jahre sind ein Tag
Zugabe
- Ich war noch niemals in New York
- Zum dritten Mal 25
Zugabe im Bademantel
- Ich weiß, was ich will
- Aber bitte mit Sahne
- Griechischer Wein
- 17 Jahr, blondes Haar
- Liebe ohne Leiden
Und hier noch ein kurzer Ausschnitt von "Alles was gut tut" den ich mit unserer betagten Digitalkamara machen konnte (den Link notfalls per Copy/Paste in die Adresszeile des Browsers packen, da der [url]-Befehl hier ja leider nicht erlaubt ist

):
http://www.youtube.com/watch?v=Ib5nrljfQ_0
"Edith" sagt noch: udo hat auch "Bis ans Ende meiner Lieder" gesungen![/url]